
Katarzyna Piasecka stellte uns das Onlinemagazin Cafe Babel vor.
Reden wir in Europa miteinander, übereinander – oder bloß aneinander vorbei? Über die Chancen und Probleme einer „echten“ europäischen Öffentlichkeit haben wir gemeinsam mit Katarzyna Piasecka vom Web-Magazin „Cafe Babel“ diskutiert.
Das Online-Magazin wurde 2001 von Erasmusstudenten in Paris gegründet und berichtet seither mit über 20 „LocalTeams“ aus verschiedenen europäischen Ländern über Themen, die alle Europäer interessieren! Zum Beispiel eine Reportage über Moldaus erstes Ökodorf, eine Stück über Flüchtlingspolitik, den britischen Wahlkampf oder ein Essay über französische Skateparks… In der Pariser Chefredaktion laufen alle Beiträge zusammen, werden gesichtet, diskutiert und editiert. In Absprache mit den LocalTeams werden dann die besten Artikel ausgewählt und in insgesamt 6 Sprachen übersetzt, darunter auch Deutsch, Polnisch und Italienisch. Auf diese Weise können Leser aus ganz Europa dieselben Geschichten lesen – entweder in ihrer eigenen oder einer ihnen vertrauten Sprache! 320 000 meist junge Leser besuchen die Website jeden Monat, Tendenz steigend!
Aber das tägliche Vermitteln zwischen so vielen nationalen Perspektiven ist auch eine große Herausforderung, erzählte Katarzyna. Erst beim Übersetzen fällt oft auf, wie stark die jeweilige Wahrnehmung eines Textes von den Debatten unserer eigenen, nationalen Medienöffentlichkeit geprägt ist. So kann es etwa sein, dass ein Thema in Frankreich bereits hoch und runter diskutiert wurde, in Deutschland hingegen noch nie zur Debatte stand. Auch bei sensiblen Angelegenheiten wie z.B. dem Holocaust, Religion oder Homosexualität kann das Empfinden verschiedener Länder stark auseinander klaffen. Ein Gedanke etwa, der in einem Land bloß die Feinjustierung eines gesellschaftlichen Konsens bedeutet, kann in einem anderen Land einer scharfen Provokation gleichkommen und extreme Emotionen auslösen. Oftmals stelle sich der Redaktion deshalb auch die Frage, inwiefern manchen Artikeln kleine Erklärungen zur besseren Einordnung in den Kontext beigefügt werden sollten. Journalismus in diesem „kulturellen Minenfeld“ ist daher keine immer leichte Aufgabe für Cafe Babel, und erfordert oft viel Fingerspitzengefühl und Kompetenz der Autoren wie der Übersetzer. Umso mehr waren wir beeindruckt von der offensichtlichen Zielstrebigkeit Katarzynas und ihres Teams, die europäischen Teilöffentlichkeiten durch ihre Arbeit einander jeden Tag ein Stückchen näher zu bringen. Alles in allem ein sehr erhellender und motivierender Austausch, der uns viel Mut gemacht hat, unser gemeinsames Ziel einer tieferen europäische Verständigung weiter zu verfolgen!

Wie einheitliche soll eine europäische Öffentlichkeit berichten?